Was kann das Hochhaus leisten für das Gesamtkunstwerk Stadt und wie setzt man es richtig ein? „workflow“ wirft einen Blick hinter die Fassade des Phänomens Hochhaus – auch
anhand der drei neuen Gebäude, die im Zentrum der Seestadt entstehen werden.
Hier ist das Zentrum
Man wolle „Identifikationspunkte“ schaffen, erzählt Robert Grüneis, Vorstand der Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 aspern Development AG: „In einem städtischen Umfeld wie der Seestadt, die ja nicht gerade klein ist, ist ein Hochhaus identitätsstiftend.
Es geht darum, dass sich alle Bewohner, nicht nur die der Hochhäuser selbst, mit diesen Gebäuden wohlfühlen und Freude daran haben. Und natürlich bietet es einen Orientierungspunkt. Ich selbst bin gerne mit dem Rad in der Donaustadt unterwegs – und wenn ich dann in der Ferne das HoHo sehe, dann weiß ich ungefähr, wo ich bin und in welche Richtung ich fahren muss.“ Die drei weiteren Gebäude, die dem HoHo bald Gesellschaft leisten werden, sollen auch als Anziehungspunkte dienen – und die Idee der Seestadt verkörpern. Schließlich kann nur Identität stiften, was selbst Identität hat.
Hochhäuser können identitätsstiftend, Wohlfühlort & Orientierungspunkt
für alle sein.
Robert Grüneis
Vorstand aspern Development AG
Der See ist ja seit jeher als Herz der Seestadt gesetzt“, so Grüneis, „Allein kann er aber noch kein städtisches Leben leisten. Die hohen Gebäude drumherum signalisieren – hier ist das Zentrum, quasi der Marktplatz. Und mit ihren lebendigen, vielfältigen Sockelzonen und kleinen Plätzen geben sie diesem urbanen Leben Raum. Die nötige Frequenz in dem Raum kommt unter anderem durch das Übereinanderstapeln verschiedenster Funktionen. Meines Erachtens schafft genau das auch eine besondere Ästhetik, weil wir so Uniformität vermeiden. Das Zusammenspiel der einzelnen Ensembles – auch mit der Skyline am Südufer des Sees – wird besonders spannend.
Lili am See. Das zweite Siegerprojekt an der Waterfront von F+P Architekten, querkraft architekten mit YEWO Landscapes punktet mit Arkaden, grüner, lebendiger Sockelzone und elegantem Twist.
Hochhäuser sind Teamspieler.
Ein Mitglied dieses Beirates ist Ute Schneider, TU-Professorin für Städtebau und Entwerfen und Partnerin KCAP. Als Bild wählt sie – wo Lorenz den „Zapfen“ sieht – die Nadel: denn alleingelassen im urbanen Raum möchte auch sie das Hochhaus nicht sehen. „Am Fuß eines Hochhauses konzentriert sich die gesamte Infrastruktur – Anbindung, Statik, Technik, Leitungen, weshalb es sinnvoll ist, es auf einem breiteren Fuß zu positionieren, um ausreichend Volumen für publikumsattraktive Nutzungen zu generieren, die den Stadtraum aktivieren.
Das dritte Siegerprojekt mit üppiger Begrünung stammt von Klammer Zeleny mit Lindle Bukor, Ingenieurbüro für Landschaftsarchitektur und wird mit dem HoHo (r.) die U-Bahn flankieren.
Auch in der Seestadt ist es ja so, dass alle der neuen Hochhäuser auf einem Sockel aufbauen und das ist auch sinnvoll so.“ Hochhäuser werden von sehr vielen Menschen – zum Teil gleichzeitig – frequentiert. Sie müssen zum Hochhaus hin und wieder weg gelangen. Im Gebäude selbst müssen nicht nur Personen zwischen Stockwerken transportiert werden, sondern auch Güter, Elektro- und Datenleitungen, Luft, Wasser und mehr. Dies alles benötigt viel Platz. Um eine attraktive und belebte Umgebung im Stadtraum zu schaffen, benötigt es vor allem im Erdgeschoß genügend „Fleisch am Knochen“: Gastronomie, Shops und ähnliches, das den Standort für Publikum attraktiv macht.
In solchen Clustern ist die Lage und Ausrichtung der Gebäude zueinander essenziell, denn schließlich, so Rudolf Scheuvens, Professor für örtliche Raumplanung und Stadtentwicklung an der TU Wien und Juror im Wettbewerb um das Seestadtkrokodil, „müssen bei Hochhausvorhaben auch immer erhöhte Anforderungen hinsichtlich der klimatischen Wirkungen, des Windkomforts, des Brandschutzes wie der Ressourcenthematik – wie Material, Energie, Haustechnik – berücksichtigt werden.“
Fallwinde, die an Fassaden herabgleiten oder Windkanäle zwischen Hochhäusern verhindern Aufenthaltsqualitäten. Schatten kann im Sommer sinnvoll, jedoch im Winter kontraproduktiv sein. All das wurde in der Seestadt mittels Computersimulationen optimiert, wie Robert Grüneis erklärt. Hinzu kommen außerdem noch die ästhetischen Qualitäten, so Ute Schneider: „Sieht man sich beispielsweise den Hochhauscluster der City of London an, erinnert das an den Mont Blanc, da sieht man einfach nicht mehr hindurch.“ Eine Skyline sollte durchlässig sein, sowohl was Luftströme als auch was Sichtachsen angeht. Hochhauscluster sollten an zentralen, öffentlich exzellent erschlossenen Orten entstehen und diese auch weithin sichtbar machen. Sichtbeziehungen in die Tiefe der Stadt, zum Himmel oder eine dahinter- liegende, attraktive Landschaft sollten unbedingt erhalten werden.
Das vertikale Quartier.
Das vertikale Quartier. Etwa seit den 2000er-Jahren wendet sich die Stadtentwicklung wieder von monothematischen Quartieren ab, in denen entweder gearbeitet oder gewohnt oder produziert wird. Heute geht es wieder darum, vielfältige, lebendige Quartiere zu schaffen, in denen Nutzungen ineinander fließen und sich ergänzen. Das gilt auch in einem Hochhaus, das Scheuvens nicht umsonst als „vertikales Quartier“ bezeichnet: „Die Erdgeschoßzone muss als Erweiterung der öffentlichen Räume angesehen und entsprechend programmiert und gestaltet werden. Ebenso wichtig ist aber das Nutzungskonzept des gesamten Gebäudes, welches sich im übertragenen Sinne auch als ein vertikal organisiertes Quartier interpretieren lässt. So kann in einem Hochhaus gewohnt und gearbeitet werden, können kulturelle und soziale Angebote und Einrichtungen Raum finden.“ Regina Freimüller-Söllinger, mit ihrem Büro Freimüller Söllinger Architektur ZT am Wettbewerb um Pier 05 auf dem zweiten Platz, kann das nur unterstreichen: „Das Hoch- haus muss einen Beitrag leisten für das Quartier auf sozialer, infrastruktureller und energetischer Ebene. Sehr wichtig erscheinen mir halböffentliche und öffentliche Sockelnutzungen sowie Verwebung mit den Freiräumen, die für ein lebendiges Quartier sorgen.“ In puncto Bodenversiegelung profitieren die drei neuen Projekte von der Gebäudeform selbst, wie Freimüller-Söllinger erklärt: „Baulich stellt das Hochhaus das perfekte Beispiel einer vertikalen Stadtverdichtung dar.“ Stapeln ist eben platzsparend – und wieder grüßt die 15-Minuten-Stadt.
Hochhäuser können identitätsstiftend, Wohlfühlort & Orientierungspunkt
für alle sein.
Ute Schneider
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01/2023 Strahlkraft
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