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Autor*in

Alexander Haide

Veröffentlicht am 01.01.2024

Schau, da gibt's frisches Ribiseleis!

Mit einer eigenen Produktion brachte Eis-Spezialist Silvio Molin Pradel sein Gefrorenes in die Seestadt. Und zeigt, wie es gemacht wird.

Schau, da gibt's frisches Ribiseleis!

Manifattura del Gelato

Seit dem Jahr 1932 blieb einer der wohl bekanntesten Eissalons Wiens – und damit die Eismacher-Familie Molin Pradel – dem Schwedenplatz treu. Doch seit einigen Jahren befindet sich in aspern Seestadt mit der „Manifattura del Gelato“ ein zweiter Standort des Traditionsbetriebs. Allerdings ist das kein klassischer Eissalon, sondern eine Mischung aus Produktion, Schauwerkstatt mit Führungen für Alt und Jung und dem Verkauf.

Es gibt die Möglichkeit, private Führungen durch die Schaumanufaktur zu buchen. Dabei erfährt man mehr über die Entstehung und den Ursprung von Speiseeis vom Vorderen Orient bis nach Italien, aber auch alles über die Geschichte der Familie Molin Pradel, ihren Eissalon am Schwedenplatz und die Schaumanufaktur in der Seestadt.

 

Eis-Spezialist Silvio Molin Pradel © Luiza Puiu

Ausbau geplant

„Wir haben jahrelang hier am Schwedenplatz produziert“, erinnert sich der Patron, Silvio Molin Pradel. „Dann haben wir erweitert und erweitert, und irgendwann gab es keinen Platz mehr. Aber wir brauchten eine weitere Produktionsstätte.“ Die Seestadt stellte sich als idealer Standort heraus: „Die Mit­arbeiter kommen mit der U-Bahn und auch für mich, vom Schwedenplatz aus, gibt es dorthin eine gute Verbindung, denn ich pendle hin und her. Auch mit dem Auto oder dem Fahrrad ist die Seestadt gut erreichbar.“ Die ideale Anbindung mit den Öffis war allerdings nicht der einzige Grund, sich jenseits der Donau anzusiedeln. „Das Projekt ist auch für die Zukunft interessant, denn als wir im Jahr 2018 zu bauen begannen, dachten wir, dass die Größe ausreichen wird“, so der Eis-Zampano. „Jetzt haben wir 2024 und ich habe keinen Platz mehr. Wir werden also um- und zubauen.“

Nach den mageren Pandemie-Zeiten und dem ersten Jahr des Ukraine-Kriegs nimmt die Menge an zu produzierendem Eis immer weiter zu. Und das, obwohl in der Produktionsstätte in der Seestadt ausschließlich Eis, etwa 30 Produkte, für Supermärkte und den kleinen Eissalon hergestellt wird. „Das Eis wird dort täglich frisch erzeugt, genauso wie am Schwedenplatz. Für Gäste, die sich die Eis-Welt näher anschauen wollen, gibt es Führungen, ein kleines Museum und eine Verkostung“, macht Molin Pradel Gusto auf einen Besuch. Zwei Mal pro Woche werden Eisaholics durch die Produktionsstätten geführt, bei Bedarf können auch individuelle Termine – etwa für Schulklassen, Familien, Stammkunden oder Pensionistengruppen – vereinbart werden. Wer Glück hat, wird von Maestro Molin Pradel persönlich durch die Dependance in der Seestadt geführt. Das Gefrorene für den Flaggschiff-Salon am Schwedenplatz wird übrigens noch immer vor Ort produziert.

Verrückte Zutaten

Das Thema Nachhaltigkeit hat auch einen der beliebtesten Eissalons Wiens erreicht. „Wir arbeiten mit saisonalen Produkten, um die Transportwege kurz zu halten“, erläutert Molin Pradel. „Eis mit Beeren, wie mit Heidelbeeren, Ribiseln oder Brombeeren, gibt es dann, wenn sie regional verfügbar sind, und im Herbst machen wir Kürbis-Eis. Unsere Erdbeeren kommen derzeit direkt von einem Landwirt aus Niederösterreich, der uns seit dreißig Jahren beliefert.“
Im Trend liegen seit einigen Jahren ausgefallene Eissorten wie Pizzageschmack oder Speck. „Wir stellen schon immer Sorten her, die nicht für den Eissalon, sondern für die Gastronomie gedacht sind. Eine Parmesan-Eiskugel passt nicht zu einer Tüte“, so Molin Pradel. „Spargeleis etwa ist eine gängige Sorte, die wir für Restaurants anbieten. Für manche Lokale machen wir sehr verrückte Sachen, denn man kann aus so gut wie allen Zutaten Eis herstellen.“


Ob Erdbeer- oder Spargeleis – die Erzeugung folgt immer dem gleichen Muster, so wird etwa Bio-Milch und Zucker verwendet. Nur die Maschinen haben sich verändert und sind moderner. Die Details bei der Herstellung bleiben aber ein wohlgehütetes Firmengeheimnis. „Um ein hohes Level zu erreichen, braucht es Zeit und viel Erfahrung“, unterstreicht der Eis-Experte. „Uns gibt es länger als 130 Jahre. Früher, als nur fünf oder sechs Sorten angeboten wurden, war das Eis kompakter. Die italienischen Eismacher haben sich dann an den österreichischen Geschmack angepasst und die Rezepte adaptiert. Denn der Wiener ist ein großer Genießer, der sein Eis cremig und kräftig im Geschmack haben möchte.“

Wintereis

Im Winter, wenn die Eissalons traditionell Pause machen, geht die Produktion von Molin Pradel in der Seestadt allerdings weiter. Und so ist der Standort in der Seestadt ein absoluter Geheimtipp für alle, die in der kalten Jahreszeit nicht ohne Eis auf höchstem Qualitätsniveau leben können. „Der Eissalon ist zwar geschlossen, aber wenn man anruft, dann haben wir immer etwas für Kunden und zaubern auch im Winter ein Lächeln auf die Gesichter“, verrät Molin Pradel.

„Wir überlegen auch, den Eissalon am Schwedenplatz heuer im November und Dezember offen zu halten.“

Es war im Jahr 1886, als Arcangelo Molin Pradel das erste selbst gemachte Eis aus einem Eiswagerl heraus in den Straßen Wiens verkaufte. In der Zwi­schen­zeit sperrten viele Eissalons auf und wieder zu, doch die Molin Pradels halten sich bereits fünf Generationen lang. „Für mich ist das keine Arbeit, sondern es ist mein Leben“, verrät Silvio das Geheimnis des jahrzehntelangen Erfolgs. „Ich habe von meinen Vorfahren auch viel Wissen mitbekommen. Mein großes Ziel ist die Übergabe an die nächste Generation.“ Und so wird die traditionelle Eis-Marke Molin Pradel den Wienern vermutlich auch für ein weiteres Jahrhundert erhalten bleiben.

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