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Autor*in

Barbara Wallner

Veröffentlicht am 01.01.2024

Aus dem Business Magazin "Workflow"

01/2024 Teamgeist

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Fair Play am grünen Rasen

11 Minuten
König Fußball schwingt auch in der Seestadt sein Zepter – nicht nur mit dem neuen ÖFB-Campus, der kürzlich seinen Spatenstich erlebte – sondern ebenso am Dach, im Park unter der U-Bahn oder am Soccer-Feld.
Fair Play am grünen Rasen

„Wir haben ja nicht viel gebraucht: einen Ball, zwei Rucksäcke als Tor – und wir haben schon losgekickt“, erinnert sich Irene Fuhrmann an die Anfänge ihrer Romanze mit dem Sport, der heute Beruf und Berufung für sie ist. Die ÖFB-Frauen-Nationalchefin bringt damit das Wesen des Fußballs auf den Punkt: Er ist für alle da. Kein aufwendiges Equipment, keine Netze, Schläger, Körbe oder andere „Spompanadeln“ (wie der Wiener so schön sagt) – der ultimative Volkssport, vom Schulhof bis in die Profiliga. Alle Facetten des runden Leders finden auch in der Seestadt ihren Ausdruck: das After-Work-Match oder das Fußballcamp in der frisch eröffneten Soccerbase von Comedian Gernot Kulis, das spontane Match am Streetsoccer-Platz unter der U-Bahn – und bald auch das Nationalteamtraining auf dem neuen ÖFB-Campus, für den jüngst der Spatenstich erfolgte.

Ein Platz für alle

Es ist stressig, das Fußballerinnenleben, erzählt Irene Fuhrmann: „Die Belastungen für unsere Teamspielerinnen steigen zunehmend – mit der Anzahl der Spiele werden auch die Reisestrapazen mehr. Und es gibt in Österreich einfach nicht so viele Optionen, wo wir uns ideal auf Spiele vorbereiten können.“ Der ÖFB-Campus erfülle aber alle Kriterien, meint sie: „Es ist für uns extrem wertvoll, dass wir hier Trainingsmöglichkeiten haben, aber auch Regenerations-, Besprechungs- und Krafträume. Die Nähe zum Flughafen und dass wir gleich beim Campus wohnen können, hilft natürlich auch. So können wir uns sehr ökonomisch auf unsere Gegner vorbereiten.“

Der gesamte Campus wird die neue Zentrale des ÖFB, ein Kleinstadion mit 1000 Sitzplätzen, einen Kunstrasenplatz sowie drei weitere Rasenplätze beherbergen. Außerdem werden Kabinen- und Funktionsräume sowie Unterbringungsmöglichkeiten und moderne Büroräume entstehen. Ein bisschen zurückgesetzt von der Straßenflucht entsteht bei dem neuen Trainingszentrum ein Vorplatz, hin zur Seestadtstraße sind Restaurant, Auditorium, Pressestelle und Schulungsräume untergebracht. Durch diese Verbindung wird der Campus auch räumlich das, was er sein soll: eine Einladung. Zum Vorbeikommen, zum Zusehen, zum Mitmachen. „Vom neuen Platzangebot profitieren auch die Schulen und Kindergärten der Umgebung und die Wiener Fußballvereine, die hier Trainings und Spiele abhalten können“, meint Sportstadtrat Peter Hacker.

Potenzial. ÖFB-Frauen-Nationalchefin Irene Fuhrmann freut sich, dass Frauenfußball inzwischen viel sichtbarer ist.

Besonders für den Frauen- und Mädchenfußball erwarte man sich einen „Schub“, „weil die Frauen die gleichen Trainingsbedingungen wie die Männer vorfinden werden“, so Hacker. Grundsätzlich seien die Trainingsbedingungen – zumindest auf der Nationalteam-Ebene – schon sehr angeglichen, findet Fuhrmann. Aufholbedarf sieht sie eher auf der Vereinsebene: „Wenn man Frauen- und Männerfußball vergleicht, werden Männern einfach oft die besseren Plätze zur Verfügung gestellt – das muss sich noch entwickeln, damit wir von gleichen Chancen und Möglichkeiten sprechen, noch bevor es zur Profiliga geht. Vor allem regional haben wir noch einen weiten Weg vor uns – dass jedes Mädchen, egal wo es lebt, die Möglichkeit hat, überhaupt vereinsmäßig Fußball zu spielen. Selbst wenn Burschenvereine auch Mädchen aufnehmen können, ist dieses Bewusstsein oft noch nicht da oder es gibt praktische Schwierigkeiten und infrastrukturelle Herausforderungen – dass es keine Umkleide für die Mädchen gibt, zum Beispiel.“

Sichtbar sein und begeistern

Erinnern Sie sich noch an die medialen Spekulationen, mit welcher Frisur David Beckham wohl den Platz betreten wird? Und wie viele begeisterte Teenager nur Tage später mit der gleichen Frisur im Klassenzimmer erschienen sind? „Als 2017 die Europameisterschaft zum ersten Mal im ORF übertragen wurde, hat Laura Feiersinger immer mit zwei Zöpfen gespielt“, erinnert sich Fuhrmann. „Und dann ist mir aufgefallen, wie viele Mädchen plötzlich auch mit zwei Zöpfen auf das Spielfeld gekommen sind. Das war ein wirklicher Aha-Moment für mich: Wir waren plötzlich sichtbar.“ Die regelmäßigen Trainingseinheiten auf dem neuen Campus haben das Potenzial, Kinder und Jugendliche zu begeistern, ist sie überzeugt – und vielleicht von der Zuschauertribüne auf das Spielfeld zu wechseln: „Angrenzende Schulen, Kindergärten, Vereine werden ja auch die Plätze anmieten können – und ich glaube, jede Möglichkeit für Burschen und Mädchen, einfach dem Ball nachjagen zu können, ist eine gute Maßnahme. Letztlich geht es ja darum, ihnen den Sport näherzubringen, sie zu begeistern. Und das sorgt wiederum für Nachwuchs.“

Skysoccer. Gernot Kulis freut sich mit seinem Team in seiner Soccerbase auf Kicker aller Altersklassen.

Kicken mit Kulis

Den Nachwuchs hat auch Gernot Kulis im Auge. Denn selbst, wenn er sich als Comedian einen Namen machte, hätte es auch ganz anders kommen können. Was wenige wissen: Als Jugendlicher wollte Kulis Fußballprofi werden und spielte nicht nur in den Nachwuchsmannschaften des SK Sturm Graz, sondern auch in der U17 und U19 der Nationalauswahlen. Zwei Jahre trainierte er bei Startrainer Ivica Osim in der Kampfmannschaft. „Fußball hat mich mein Leben lang begleitet“, erzählt Kulis, „als aktiver Spieler bis hin zum Hobby-Kicker, ein Stück dieser Begeisterung möchte ich gern weitergeben.“
 

Gleich gegenüber dem HoHo Wien, auf dem Dach einer Hochgarage mit vorgelagertem Bürogebäude, stehen in der Soccerbase fünf Plätze für vier bis fünf Spieler pro Mannschaft zur Verfügung, außerdem eine Eventbase und eine Sportbar mit regelmäßigen Spieleübertragungen. Vom Kindergeburtstag bis zum Firmenevent ist man auf alles vorbereitet. Trainings und Kurse gibt es für Kinder ab drei Jahren – und dann nach oben keine Altersgrenzen, wie Kulis betont: „Wir wollen ein Angebot für alle stellen: für Kinder, die gerade mit dem Kicken beginnen, die einmal schauen wollen, ob sie der Sport interessiert. Aber genauso für Vereinsspieler – die kommen auch gern zu unseren Camps.“


Das liegt vor allem an den Trainingsmethoden, die Nino Martinovic erarbeitet hat, ist Kulis überzeugt: „Es ist ein intensives Training mit sehr viel Ballkontakt – wir arbeiten im kognitiven, koordinativen und im technischen Bereich – da ist Nino auf einem unglaublichen Level, was die Übungen angeht. Gerade bei Kindern geht es auch darum, am Mindset zu arbeiten: Was bedeutet Fußball in der Zusammengehörigkeit, der Integration? Und natürlich wollen wir Spaß vermitteln – dafür steht in gewisser Hinsicht mein ganzes Leben.“ Ein Geheimnis liegt auch in der Art, mit Kindern zu kommunizieren: „Mein Sohn ist jetzt acht und beginnt gerade mit dem Fußball – unlängst haben wir gemeinsam trainiert und ich habe ihm gesagt: ,Dein linker Fuß ist traurig.‘ Als er gefragt hat warum, hab ich ihm erklärt, dass der rechte Fuß schon zwanzig Mal schießen durfte und der linke nur zwei Mal. Mein nächstes Training hat er dann erklärt: ,Papi, heute ist der linke nicht mehr traurig.‘ Man muss einfach eine Ansprache finden, mit der Kinder umgehen und die sie gut verarbeiten können.“ Im Sommer werden in Kooperation mit Spusu „Starcamps“ angeboten: „Unter Ninos Leitung kommt dann jede Woche ein anderer Bundesligaprofi, der mit den Kindern mittrainiert.“


Zwischen Buben und Mädchen wird weder im Training noch in der Zusammenstellung der Gruppen ein Unterschied gemacht: „Bis U12 spielen die Kinder ja ohnehin auch bei den Meisterschaften gemischt. In der Gruppenbildung geht es ausschließlich darum, dass es fußballerisch zusammenpasst – damit jeder vom anderen profitieren kann, wenn er ein gleichwertiges oder vielleicht sogar ein bisschen besseres Gegenüber hat. Schließlich geht es darum, voneinander und miteinander zu lernen.“

Hobbysportler. In der Seestadt gibt es genügend Freiflächen, um mit Freunden gemeinsam zu spielen und Spaß zu haben.

Gegeneinander – aber gemeinsam

Wenn es um Fair Play und Miteinander geht, könnte man sich durchaus auch vom Frauenfußball eine Scheibe abschneiden, erzählt Irene Fuhrmann: „Dass die gegnerische Mannschaft beispielsweise ausgebuht wird, wenn sie im Ballbesitz ist – das kennen wir im Frauenfußball nicht. Ich erinnere mich noch an das Eröffnungsspiel der Europameisterschaft 2022 im Old Trafford Stadium – dort haben wir, in England, gegen England gespielt. Niemand hat uns ausgebuht. Es war einfach ein Fußballfest. Man geht ja nicht zum Spiel, um die anderen zu beleidigen, sondern um das eigene Team zu unterstützen. Dafür steht Mannschaftssport – und eben auch Fußball: für Zusammenhalt.“

Fußball in der Seestadt

Der offizielle Spatenstich für den ÖFB-Campus erfolgte Mitte März. Damit finden ab 2026 der ÖFB und seine Nationalteams auf 55.000 m2 eine neue Heimat mit angeschlossener Trainingsstätte. Neben einem Kleinstadion entstehen in 17 Monaten drei Rasenplätze, ein Kunstrasenplatz, Kabinen- und Funktionsräume, Unterbringungsmöglichkeiten und moderne Büromöglichkeiten.


Schon bespielen kann man die fünf Plätze der Soccerbase, die auf dem Dach einer Hochgarage, für vier bis fünf Spieler pro Mannschaft zur Verfügung stehen. Es gibt die Möglichkeit des Public Viewing, eine Eventbase und Trainings und Kurse für Kinder ab drei Jahren. Ö3-Callboy Gernot Kulis ist der Gründer der Fußballschule, Trainer Nino Martinovic wird sich sportlich um den Kickernachwuchs kümmern.
Fürs Erste braucht man in der Seestadt aber nur einen Ball und einige Freunde, um Fußball zu spielen. Denn auf zahlreichen Freiflächen wie beispielsweise im Elinor-Ostrom-Park oder am Soccer-Feld kann jederzeit das eine oder andere Match gespielt werden.

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