Christian Felber, Sprecher von Attac Österreich und Autor viel beachteter Bücher wie zuletzt "Kooperation statt Konkurrenz" (2009) und "Die Gemeinwohl-Öko...
Christian Felber, Sprecher von Attac Österreich und Autor viel beachteter Bücher wie zuletzt "Kooperation statt Konkurrenz" (2009) und "Die Gemeinwohl-Ökonomie" (2010) steht für jene Vorstellung von Wirtschaften, die am Nutzen aller orientiert ist. Ex.alp erörterte mit ihm die Frage, wie aspern Die Seestadt Wiens von der Gemeinwohlökonomie profitieren könnte.
aspern Die Seestadt Wiens strebt nicht nur ökologische, sondern auch soziale und ökonomische Nachhaltigkeit an: Wie wäre das Konzept der Gemeinwohlökonomie für eine ganze neue Stadt wie aspern Seestadt anwendbar?
Denkbar wäre ein regionaler Cluster von Unternehmen, die alle PionierInnen der Gemeinwohlökonomie werden. Das bedeutet, sie erstellen jeweils eine Gemeinwohlbilanz für das Untenehmen. Darüber hinaus würden sie einander unterstützen, und nicht per se miteinander in Konkurrenz treten: es könnten sich Nutzungskaskaden oder Effizienzgewinne im Marketing ergeben und auch Informationen könnten aktiv geteilt werden. Es könnte auch soweit gehen, dass die Unternehmen einander Geld borgen um einen regionalen Liquiditätsausgleich zu ermöglichen, auch Kooperationen bei den Beschäftigten sind ein attraktives Element einer gemeinwohl-orientierten Ökonomie. Insgesamt wäre es eine Chance, damit eine spannende Modellregion zu bilden.
Das wäre dann wohl eine sehr konsequente Umsetzung des Gedanken der ökonomischen Nachhaltigkeit. Neben klassischen Unternehmen, welche weiteren Organisationen könnten oder sollten in so einem Verbund mitwirken?
Denkbar und passend wären dazu noch eine Demokratische Bank, eine lokale Energiegenossenschaft, die tatsächlich Energieautarkie anstrebt; interessant wäre auch ein dezentrales Abwasserkonzept, eine kollektive Mobilitätslösung als „Common“ oder auch eine lokale Lösung für Kinderbetreuungsangebote. Für alle Grundversorgungsleistungen sind öffentliche Unternehmen eine gute Lösung im Sinne der Gemeinwohlökonomie.
Könnte es neben den einzelnen Gemeinwohlbilanzen auch so etwas wie eine „kollektive Gesamtbilanz“ des Stadtteils oder einer Stadt geben?
Nein, in der Gemeinwohlökonomie gibt es als großes Bild das Gemeinwohlprodukt einer gesamten Volkswirtschaft: darin werden alle Lebensqualitätsindikatoren zusammengeschaut und es gehen die Gemeinwohlbilanzen der Unternehmen darin ein. Angewandt auf den Maßstab einer Gemeinde wäre so etwas wie ein „kommunaler Gemeinwohl-Index“ denkbar: die in der Gemeinde oder Region wichtigsten 20 oder 30 Lebensqualitätsindikatoren werden gemessen und so wird ein Status der Lebensqualität abgebildet. Diese Bilanz wird natürlich entscheidend durch das Verhalten der Unternehmen mitgeprägt, aber eben nicht nur durch diese. Dazu laufen derzeit Überlegungen, wir arbeiten daran.
Gibt es denn schon interessierte Regionen oder Gemeinden?
Es gibt viel versprechende Initiativen von einzelnen AkteurInnen aus Regionen wie dem Vulkanland, oder dem Pitztal, aber noch keine kollektiven Beschlüsse dazu. Aber es ist nur eine Frage der Zeit.