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Christian Scherl

Veröffentlicht am 13.02.2025

Röstfrisches Aroma für die Seestadt

Seit knapp einem halben Jahr betreiben Aramis Karyagdi und Julian Preuschl-Spiegelfeld das Café „Bruno e Marrone“ und sorgen mit ihrem selbst gerösteten Kaffee für italienisches Flair in der Seestadt, in der sich immer mehr Gastronomiebetriebe niederlassen, wovon auch der Handel profitiert.

Röstfrisches Aroma für die Seestadt

In einem dynamisch wachsenden Stadtteil wie der Seestadt bedarf es parallel auch der vernünftigen Entwicklung einer Infrastruktur an Nahversorgern, Gastronomie und Handel. Zu diesem Zweck gründete die Wien 3420 aspern Development AG bereits 2012 gemeinsam mit dem Retailexperten Spar European Shopping Centers (SES) ein Joint Venture: die aspern Seestadt Einkaufsstraßen Gmbh, um den optimalen und bedarfsgerechten Mix sicherzustellen. Immer mehr interessante Gastronomiebetriebe finden in der Seestadt ihr neues Zuhause. Jüngstes Mitglied ist das reizende Café „Bruno e Marrone“ direkt neben der U2-Station Seestadt.

Alter Egos

Schließlich merkt man „Bruno e Marrone“ an, wie viel Herzblut in dem Brand steckt. „Wir haben uns lange den Kopf zerbrochen, welcher Name unsere Geschichte am besten transportiert“, sagt Aramis. Die zündende Idee hatte dann sein Kollege Julian. „,Braune Bohne‘ heißt auf italienisch ‚chicco bruno‘ und auf lateinisch ‚faba marrone‘. Wir sind also die beiden braunen Bohnen.“ Ein Alter Ego zu haben, sei laut Julian auch gut, um eventuelle negative Kritiken leichter von der Seele zu kriegen, denn er machte als Musiker durchaus die Erfahrung, dass positive Kritik schnell verpufft, während Negatives lange haften bleibt. Obwohl diese Befürchtung in der Seestadt nahezu unbegründet ist. „Es ist faszinierend, wie aufgeschlossen die Menschen in diesem Stadtteil gegenüber Neuem sind. Täglich hören wir von unseren Gästen, wie glücklich sie sind, dass wir und die Seestadt zusammengekommen sind“, sagt Julian.

Aber die Alter Egos Chicco Bruno und Faba Marrone können noch viel mehr. „Sie stammen aus einer anderen Epoche und sind mit der Erfahrung italienischer Röstmeister ausgestattet, sodass sie uns und unseren Gästen peu à peu neue Geheimnisse verraten“, sagt Julian augenzwinkernd. „Gegenwärtig ist in den Metropolen der aus Skandinavien stammende Trend ‚Speciality Coffee‘ total angesagt, bei dem hochwertiger Kaffee sehr hell geröstet wird und man Aromen von verschiedenen Früchten erschmecken kann“, erklärt Aramis. „Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, weil wir von der italienischen Rösterei überzeugt sind. Im Unterschied zu italienischen Kaffeehäusern verwenden wir aber ausschließlich hochqualitative, faire und nachhaltige Bohnen.“

Pinsa und Torten. Zum röstfrischen italienischen Kaffee gibt es köstliche Mehlspeisen und die aus Sauerteig hergestellte Pinsa. © Luiza Puiu

Gut und Vegan

Zu einem guten Kaffee gehören natürlich auch Mehlspeisen. Hier arbeitet das tüchtige Geschäftsduo mit einer Patisserie zusammen. In der Küche bereitet Aramis zudem Pinsa zu. Im Unterschied zur klassischen Pizza werden Pinsas aus Sauerteig hergestellt und liegen nicht so schwer im Magen. „Da sich die Bedürfnisse der Gäste ständig weiterentwickeln, werden auch immer öfter vegane Speisen gewünscht“, sagt der gelernte Koch und gesteht, dass dadurch die Aufwendungen größer werden, aber der Fleiß macht sich bezahlt. Vom ersten Tag an wurde das neue Café regelrecht gestürmt. „Dabei hatten wir damit gerechnet, dass sich die Seestadt eher in einem ‚Dornröschenschlaf‘ befindet und wir den Betrieb locker zu zweit schaukeln können.“ Ein Irrtum.

Akzeptanz. „Vom ersten Tag an wurde das Café regelrecht gestürmt“, freuen sich die beiden Neo-Gastronomen. © Akos Burg

 „Wir arbeiteten die ersten Wochen rund um die Uhr, kamen kaum zum Ausruhen.“ Neben dem Job gibt es auch Familie. Julian hat drei Kinder und bei Aramis ist Nachwuchs Nummer zwei unterwegs. Rasch musste also zusätzliches Personal her. „Was sich als nicht so einfach herausstellte, weil es neben dem Fachkräftemangel auch Überzeugungsarbeit bedarf, Menschen aus der City beruflich in die Seestadt zu locken – auch wenn die Fahrtzeiten kurz sind“, sagt Julian, ist aber überzeugt, dass sich das bald ändern wird, weil die Attraktivität und damit die Anziehungskraft des neuen Grätzls im 22. Bezirk ständig ansteigen. Mittlerweile beschäftigt das kleine Café sechs Teilzeitkräfte, um die täglichen Herausforderungen zu meistern. „Wir werden demnächst auch sonntags geöffnet haben“, versprechen die Geschäftsführer. Damit gibt es für die Gäste bald noch mehr Möglichkeiten, den besten Kaffee in der Seestadt zu genießen.

Auf dem richtigem Kurs

Die Seestadt zeigt also vor, wie Gastronomie und Handel gegenseitig voneinander profitieren können. Analysen von Regio-Plan zeigen, dass es genau auf solche nachhaltigen Konzepte ankommt. RegioPlan ist ein führendes europäisches Beratungsunternehmen, das seit über 35 Jahren unabhängige Markt- und Standortanalysen durchführt. Es unterstützt Entscheidungsträger mit fundierten Daten und Beratungskonzepten für Immobilien und den öffentlichen Sektor, indem es demografische und wirtschaftliche Entwicklungen analysiert und Empfehlungen für neue Nutzungen in Innenstädten und Ortskernen gibt.

Eine RegioPlan-Analyse aus dem Jahr 2023 zeigt, dass die Zahl der Gastronomiebetriebe in Österreich in den letzten Jahren gesunken ist, besonders in ländlichen Gebieten. Da Gastronomie eher „Frequenznutzer“ als Frequenzbringer“ ist, kann sie nicht alle Probleme der Ortskerne lösen. „Aber in Zeiten des Onlinehandels ist es schwieriger geworden, Menschen in die Geschäfte zu bekommen und hier können gastronomische Angebote durchaus mithelfen, die Leute wieder aus den Häusern zu bekommen“, so Monika Hohenecker, Leitung Stadt- und Gemeindeberatung bei RegioPlan, die Analogien zu neuen Stadtgebieten sieht. „Aktuell boomen Kombinationsnutzungen, wie etwa Buchcafés, also Kleingastrokonzepte, die in Verbindung mit dem Handel funktionieren bzw. den Handel unterstützen.“

 

Auch innovative Konzepte, wie Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Bewirtschaftung von Gasthäusern und alternative Nutzung durch Projekte wie Gemeinschaftszentren, könnten die Attraktivität der Region steigern. Außerdem sind Kooperationen mit regionalen Produzenten und Tourismus sowie ein Fokus auf Nachhaltigkeit und Qualität entscheidend, um neue Zielgruppen zu gewinnen.

„Der Nutzungsmix in der Seestadt passt sehr gut. Man gibt unterschiedlichen Gastronomiekonzepten die Chance, sich hier zu verwirklichen. Vor allem wird auf die Zielgruppen sehr gut eingegangen.“

Monika Hohenecker

Leitung Stadt- und Gemeindeberatung bei RegioPlan

Das tun auch Bruno e Marrone, deren Lokal ebenfalls eine spannende Kombi bietet, denn auf einer Galerie lädt der InfoPoint der Seestadt zum Eintauchen ein.

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