Die Konzentration von Menschen, Produkten und Services kann in Städten enorme Dichten erreichen und ubiquitäre Kommunikationstechnologien lassen reale und ...
Die Konzentration von Menschen, Produkten und Services kann in Städten enorme Dichten erreichen und ubiquitäre Kommunikationstechnologien lassen reale und virtuelle Distanzen zusammenschrumpfen, doch das Bedürfnis nach Mobilität verändert sich nicht. Das Zeitbudget für die tägliche Mobilität ist seit Jahrzehnten nicht gesunken, aber die zurückgelegten Distanzen haben sich signifikant erhöht (vgl. Axhausen, ETH Zürich, zitiert von Katja Schechtner in Alpbach). Katja Schechtner spricht mit ex.alp aus ihrem reichen Erfahrungsschatz zum Thema Mobilität. Neben ihrer Tätigkeit als Head of Business Unit im Mobility Department des AIT in Wien forscht sie auch am MIT Media Lab in Boston. Ihr berufliches Herzensanliegen ist es, Technologie mit Ästhetik zu verbinden, was insbesondere am Media Lab gut gelingt. Gefragt nach den Trends hinsichtlich städtischer Mobilität prognostiziert die Architektin und Stadtplanerin folgende Entwicklungen. Die technologischen Fortschritte der letzten 20 Jahre erlauben heute das Mobilitätsverhalten in Stadtregionen direkt zu erfassen und zu analysieren. Systeme zur Verkehrssteuerung werden umfassend ausgebaut und Technologien zur unmittelbaren und dynamischen Lenkung von Verkehrsströmen nach Kriterien wie Energieeffizienz, Sicherheit und Kostenminimierung werden zukünftig weite Verbreitung finden. Außerdem werden die BürgerInnen mehr Wahl- und Teilhabemöglichkeiten hinsichtlich ihrer individuellen Mobilität haben. Vorauszusehen ist auch, dass der Anteil von Zwei- und Drei-Rädern am Modal Split steigen wird, Elektrofahrzeuge werden wesentlich stärker zum Einsatz kommen; im Umstieg vom Auto auf den Scooter würde auch für aspern Seestadt ein großes Potenzial liegen. Auf die Frage nach international anerkannten Vorbildern in Sachen Mobilität für aspern Die Seestadt Wiens möchte Katja Schechtner nichts uneingeschränkt empfehlen, denn es gäbe viele „kleine“ Beispiele wie die Bikestationen in den Städten, aber das sei für „aspern nichts neues. Hier geht es vielmehr um ein wirklich integriertes Konzept. In einer neuen Stadt besteht die große Chance die Verkehrsdienstleistung völlig neu zu bauen. Der Stadtteil könnte gut ohne „Autos“ – im Sinne unserer aktuellen Vorstellung eines Autos – auskommen“. Das wesentliche Hindernis für eine rasche Umsetzung umfangreicher und integrierter Mobilitätskonzepte ortet Schechtner allerdings in der Nicht-Vermarktbarkeit von Algorithmen für PolitikerInnen. Doch weil es „keine Mobilitätstablette gibt“, werden die PolitikerInnen aktiv Schritte setzen müssen. In der Rolle als Bürgermeisterin von Wien würde sie für aspern Seestadt drei konkrete Dinge in die Wege leiten: „Ganz intensiv würde ich einen Mix der BürgerInnen anstreben und Angebote für verschiedene Gruppen entsprechend ihrer vielfältigen Bedürfnisse gestalten. Ein gut ausgebautes Netz an kurzen Wegen, die durch menschliche Kraft allein bzw. mit Unterstützung von Elektromotoren zurückgelegt werden können, ist unabdingbar für eine neue Stadt.“ An ganz wenigen Punkten würde sie Zentralgaragen vorsehen, die ausschließlich als Car Sharing Option betrieben, die Verbindung nach außen gewährleisten. Eine optimale öffentliche Verkehrsanbindung wie die bereits vorhandene U-Bahn, gut ausgebaute und hochrangige Fahrradwege seien sowieso selbstverständlich. Hinsichtlich der Planung von Frei- und Straßenräumen für aspern Seestadt sieht Schechtner im aktuellen Prozess bereits ein sehr hohes Maß an Sorgfalt. Doch insgesamt könnte aspern noch radikaler sein: „denn was heute geplant und bedacht wird, wird in 10 Jahren gerade dem Trend in der Lebensqualität entsprechen“, so die Expertin. Die Möglichkeit für den Austausch mit interessanten Menschen und visuelle Ruhe ist das, was für die Expertin eine unbedingte Voraussetzung für ihren persönlichen Lebensort ist. Sao Paulo kommt ihr dabei in den Sinn, wo der Bügermeister Gilberto Kassab im Jahr 2007 die „werbeplakatlose“ Stadt durchgesetzt hat – angeblich boomt die Wirtschaft trotzdem (Anm. ex.alp: diverse kritische Artikel dazu sind im Netz zu finden). Abschließend richtet sich Katja Schechtner an Wiens Verwaltung und Politik: „Wenn das Projekt fertig sein wird, sollte die Stadt Wien dieses Beispiel wirklich international verkaufen, sodass sich für Planer und Technologieentwickler Exportchancen nützen lassen! In Planung und Organisation sind in Österreich durch die technologische und politische Struktur schon früh die richtigen Schritte gesetzt worden. Im internationalen Kontext findet dies wirklich Anerkennung!“ Information zum Projekt: Mobility On Demand Durchgeführt von MIT Media Lab in Kooperation mit TU Wien im Frühjahr 2011, Leitung Prof. Kent Larson, Prof. Markus Tomaselli und Katja Schechtner für aspern. In 12 Gruppenarbeiten haben die StudentInnen von Harvard, MIT und TU Wien das MOD Konzept für aspern Seestadt von der Gestaltung öffentlicher Mobilitätsräume bis zur Entwicklung eines elektrisch betriebenen Dreirades und eines Fleetmanagementsystems weiter entwickelt. Information zum Projekt: Kiska 3 Rad Das KTM Projekt und der Prototyp Kiska 3 Rad wurde auch in Alpbach präsentiert. AIT und KTM haben gemeinsam ein vollelektrisch betriebenes Motorcross-Motorrad entwickelt.