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Forum Alpbach: Die Produktion kommt zurück in die Stadt

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Im Zuge der Wirtschaftsgespräche des Europäischen Forums Alpbach diskutierten der bisherige Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) Prof. Dr. Karl Aiginger, Wirtschaftsforscherin Christine Ax, MA, Manner Vorstand für Finanzen und Personal Mag. Albin Hahn, Wirtschaftsagentur Wien Geschäftsführer Mag. Gerhard Hirczi und Wien 3420 Aspern Development AG Vorstand Dr. Gerhard Schuster, unter der Moderation von Josef Broukal, die Renaissance der städtischen Produktion. Die zentrale Frage bei der Diskussionsrunde war: Was bedeutet die Reurbanisierung von Produktion für Mensch, Gesellschaft und Wirtschaft?

v.l.n.r. Mag. Albin Hahn,  Prof. Dr. Karl Aiginger, Christine Ax, MA, Mag. Gerhard Hirczi und Dr. Gerhard Schuster
© APA-Fotoservice Wolfgang Lackner

Die vierte industrielle Revolution bringt eine Reurbanisierung der Produktion

Produktion mitten in der Stadt. Was im Zeitalter der Industrialisierung selbstverständlich war, wurde später zu einem seltenen Phänomen. Doch die städtische Produktion erlebt aktuell einen starken Aufschwung. Technologische Errungenschaften und die zunehmende Digitalisierung von Fabriken machen es möglich, dass Produktion wieder in die urbanen Zentren zurückkehrt. Der Grund, wieso das sogenannte Urban Manufacturing so boomt: Die Produktionsstätten im urbanen Raum bringen Betrieben handfeste ökonomische Vorteile. Unternehmen profitieren vor allem von der städtischen Infrastruktur und haben Kooperationsvorteile betreffend Lieferung und Handel. Die räumliche Nähe zu KundInnen bringt mehr Flexibilität, und die Auswahl an gut ausgebildeten MitarbeiterInnen ist zumeist größer. Karl Aiginger, der ab 1. September die Querdenkerplattform Wien Europa leitet, sieht die Reurbanisierung als Auftrag, die Gesellschaft dynamisch, sozial und ökologisch zu gestalten: „Urbane Produktion ist gesamtwirtschaftlich gesehen eine große Chance – verkürzte Lieferketten, kurze Wege für KundInnen und MitarbeiterInnen und der Einsatz neuer Produktionstechnologien senken den Material- und Energieeinsatz und stellen gleichzeitig das Wohlbefinden der Bevölkerung sicher“.

 

Seestadt als Hotspot für urbane Produktion


Wie der Trend hin zum Urban Manufacturing in einer modernen Stadt aussehen kann, zeigt aspern Die Seestadt Wiens. Hier entstehen bis 2028 Wohneinheiten für mehr als 20.000 Menschen und rund 20.000 Arbeitsplätze. „In der Seestadt haben wir uns das Ziel gesetzt, genau die Voraussetzungen zu schaffen, die ein Wirtschaftsstandort von heute braucht – nämlich Leben und Arbeiten an einem Ort zu vereinen. Diesen Ansatz möchten wir weiterdenken, um langfristig das Wohlbefinden zu steigern und nachhaltiges Wirtschaften zu fördern“, sagt Gerhard Schuster, Vorstand der Seestädter Entwicklungsgesellschaft wien 3420.

Genau das hat schon viele Betriebe vom Stadtentwicklungsgebiet überzeugt. Ein breiter Mix aus diversen Branchen – von innovativen Start-ups, über technologie-orientierte Forschungsbetriebe, gemeinnützige Unternehmen bis hin zu großen internationalen Betrieben – hat sich bereits in der Seestadt angesiedelt. Darunter der Technologiekonzern HOERBIGER, der Ende Juni seinen Standort für Entwicklung, Produktion und Verwaltung mit über 500 Beschäftigten in der Seestadt eröffnet hat; oder das gemeinnützige Unternehmen Wien Work, das 600 Mitarbeiter beschäftigt und unter anderem Werkstatt, Großküche und Büros im Stadtentwicklungsgebiet angesiedelt hat. Am Standort Seestadt finden aber auch junge Unternehmen und Forschungsbetriebe Gefallen: Mit der ersten Pilotfabrik der Industrie 4.0, die die TU Wien und 20 Unternehmen im Technologiezentrum der Wirtschaftsagentur gestartet haben, geht es demnächst mit der digitalen Fabrik los. Im aspern IQ produziert unter anderen das 2012 gegründete Energie-Start-up 3F Solar hochinnovative Hybridkollektoren, die Wärme und Strom aus Sonnenenergie erzeugen.


Made in Vienna


Für den Wirtschaftsstandort Wien ist das Thema urbane Produktion sehr bedeutend. Traditionsbetriebe wie Manner setzen schon seit Generationen auf die Vorteile der Stadt. Nachdem Teile der Produktion in den letzten Jahrzehnten in die Peripherie wanderten, konnte Manner die gesamte Schnittenproduktion durch ein neues, vertikales Produktionsverfahren wieder nach Wien holen. Albin Hahn, Vorstand für Finanzen und Personal bei Manner, sieht viele Vorteile an einem urbanen Produktionsstandort: „Was das Personal anbelangt, ist der Sitz mitten in Hernals natürlich ein Hauptgewinn. Unsere MitarbeiterInnen profitieren von der umliegenden Infrastruktur und der guten öffentlichen Anbindung und das Unternehmen hat schlicht eine größere Auswahl an qualifizierten Kräften.“

Aber nicht nur Lebensmittelproduktion „findet Stadt“, auch die Technologiebranche oder die  Kreativwirtschaft siedeln neue Produktionsstätten in der Stadt an. Neben Start ups und kleinen Produktionseinheiten auch weltweit tätige Konzerne. Ein aktuelles Beispiel ist die Entscheidung von Boehringer Ingelheim, ihre neue biopharmazeutische Produktionsanlage für über 400 Beschäftigte um eine halbe Milliarde Euro hier in Wien und nicht woanders zu errichten.„Die Produktion ist schlechthin der essentielle Kern für eine Dienstleistungsmetropole wie Wien. Und es gelingt, die Unternehmen davon zu überzeugen, dass es sich lohnt hier und nicht woanders zu produzieren. Dafür hat die Politik, auch mit mutigen Entscheidungen die Weichen gestellt.  So war die U-Bahn in der Seestadt, lange bevor die ersten Unternehmen gekommen sind. Diese Infrastruktur ist ein essentieller Ansiedlungsfaktor - zum Beispiel für den Technologieriesen HOERBIGER“, erklärt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien.


Urban Manufacturing: Angebot trifft Nachfrage


Von der Entscheidung, den Unternehmenssitz in urbanen Zentren anzusiedeln,, profitieren Betriebe aber nicht nur aufgrund des größeren Angebots an potenziellen MitarbeiterInnen – sie führt oft auch zu einer positiveren Wahrnehmung bei KundInnen. Ein Unternehmen, das in der Stadt produziert, legt kürzere Wege zurück und kann klimafreundlicher wirtschaften – laut Wirtschaftsforscherin und Autorin Christine Ax, eine Frage der Konsumentenorientierung: „In einer Zeit, in der bewusster konsumiert wird, werden Qualität und Regionalität immer wichtigere Faktoren in der Kaufentscheidung. Gerade bei handwerklichen Betrieben, die ab Werkstatt wettbewerbsfähig sind, spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle“, so Ax.

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