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stadt.schreiben

Veröffentlicht am 22.08.2012

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stadt.schreiben: Migration



Die Westbahnstrasse ist mir am liebsten. Wo das Licht von weither kommt, aus Sydney oder L.A. Im „Podium“ könnte man essen wie dort. In einer Schnei...
stadt.schreiben: Migration
Die Westbahnstrasse ist mir am liebsten. Wo das Licht von weither kommt, aus Sydney oder L.A. Im „Podium“ könnte man essen wie dort. In einer Schneiderei kürzt man Hosen. Die Schneiderin trägt immer einen Hut. Einfach. Ein blumiges Kleid. Um den Hals ein Maßband, gelb; in der Hand die Schere. Wir wollen Sie nicht stören, sagt einer der zwei rauchenden Herrn am kleinen Tisch im Laden. Sie drehen die Hüte zwischen den Knien, plaudern unverständlich. Die Strasse ziert sich an funkelnden Schienen dahin, zieht sich zurück in die fünfziger Jahre. Der Bahnhof ist am Ende links. Eine große Baustelle, und geschwind bin ich aus den Fünfzigern am Schalter zurück. Wann der stattfindet, muss ich noch überlegen. Vor mir in der Reihe wartet ein Herr mit einer Pfauenfeder am Hut. Sofia, sagt er zum Angestellten. Sofia? Ja, sagt der Angestellte. Das dauert zwei Tage. Wann, fragt der Herr. Wann? In der Früh und am Abend. Um neun Uhr zweiundfünfzig und kurz vor acht. Wann, fragt der Herr, wann? Wann Sie ankommen. Nun, zwei Tage später. Es dauert zwei Tage. Der Herr mit der Pfauenfeder hält einen vielfach gefalteten Zettel in der Hand, den Fahrplan. Er betrachtet den Zettel betrachtet den Angestellten. Wann, fragt er. Wann? Das Hemd spannt über seinem Bauch. Er schwitzt. Es ist der heißeste Sonntag seit sechsundzwanzig Jahren. Der Mann hat ein rundes Gesicht, die Haut braun, faltig vom Reden. Sein Gepäck ist ein Plastiksack mit undefinierbarer Schrift. Er spricht kaum eine Sprache, die der Angestellte am Schalter versteht; versucht sich unermüdlich auf deutsch. Nickt versuchsweise. Um seine spitzen staubigen Schuhe bilden sich langsam Gruben im Boden der Bahnhofshalle. Die Reihe hinter ihm ist kurz. Nur ich. Ich kann gut warten. Hinter dem Schalter wird die Auskunft wiederholt. Die zwei Tage machen uns beide stutzig, den Mann und mich. Er nickt ergeben, tritt zur Seite, verlässt die Halle. Ich spreche ihn an. Haben Sie es verstanden?, frage ich. Sofia!, sagt er. In der Früh? Er hält mir den Fahrplan hin. Es stimmt. Neun Uhr zweiundfünfzig. Neunzehn Uhr achtundvierzig. Das zweite direkt, ohne Umsteigen. Es ist ungefähr halb sechs. Ungläubig schaut er mich an. Seine Sorge ist die Ankunft. Etwa einundzwanzig Stunden später. Am nächsten Tag. Nächster Tag? Mehrfach besprechen wir die Abfahrtszeiten. In der Früh. Am Abend. Ich verstehe. Er will heute wegfahren und heute noch ankommen. Unmöglich, deute ich ihm. Ob er mich versteht? Die Pfauenfeder wippt. Er bedankt sich. In der Früh ist besser, sagt er. Heute nur mehr abends, um kurz vor acht, erläutere ich. Er blickt mich traurig an, nickt dankend. Geht hinaus. Später, als ich den Bahnhof verlasse, sehe ich ihn am Rand eines Blumenbeets sitzen. Er raucht. Die Zipfel des Sakkos liegen in der Erde. Der Plastiksack steht gegen den Beton gelehnt. Rauchend blickt er vor sich hin. Die Asche schnippt er auf den Asphalt. (Textbeitrag: Andrea Grill)

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